Explorer im Reich des Kondors

Wenn du ein ganz besonderes Reiseabenteuer in Südamerika suchst, ist der Colca Canyon genau das richtige für dich. Der Cañon de Colca zählt zu den schönsten Naturlandschaften in Peru und gilt als eine der tiefsten Schluchten der Welt. Die Region ist umgeben von terrassierten Feldern aus Zeiten der indigenen Urvölker, sowie der eindrücklichen Bergwelt der Anden. Während Lamas, Alpacas und Vicuñas auf den Feldern weiden, zieht hoch oben der riesige Kondor seine Kreise.

Der Rio Colca hat über Millionen Jahre hinweg seinen Weg tief durch das Gebirge gebahnt und eine atemberaubende Landschaft geformt. Es ist wie ein riesiger Spalt, der sich über mehr als 100 km durch das Hochland der Anden schneidet, mit etwa 3300 m Tiefe. Der Colca Canyon ist die zweittiefste Schlucht der Welt, nur der ebenfalls in Peru liegende Cotahuasi Canyon ist noch tiefer. Der Grand Canyon in den USA wird um das doppelte übertroffen.

Vicuñas auf dem Hochland der Anden
Vicuñas auf dem Hochland der Anden.

Reise von Arequipa in den Colca Canyon

Nur schon der Trip von Arequipa in den Colca Canyon ist ein eindrückliches Reiseabenteuer. Nach der Durchfahrt der Provinzhauptstadt erreichen wir das Nationalreservat »La Reserva Nacional Salinas y Aguada Blanca«, mit Ausblicken auf Vulkane, Lagunen, Sumpfgebiete und eine einzigartige Flora und Fauna, die sich in der extrem hochgelegenen Umgebung wohl fühlen. Die Vulkane Misti (5821 m) und Chachani (6075 m) stehen wie Wächter am Eingang des Nationalparks. Auf der weitläufigen Pampa beobachten wir Vicuñas (Vikunja) in ihrer natürlichen Umgebung. Die Andentiere tragen übrigens die teuerste Wolle der Welt und sind auf dem Staatswappen Perus verewigt.

Wir zweigen von der Hauptroute ab und genehmigen uns in Pata Wasi eine Tasse traditionellen Mate de Coca, welcher hilft die Höhe besser zu vertragen. Dann machen wir uns an den Aufstieg zum 4820 m hohen Abra Patapampa. Bei der Passhöhe »Mirador lo los Volcanes« ist der Name Programm, der Blick schweift über einige Vulkangipfel und die fantastische Bergwelt der Anden. Eine kurvenreiche Abfahrt bringt uns schlussendlich runter nach Chivay, dem Ausgangsort für Erkundungen des Colca Canyon.

Kakteen im Colca Canyon
Kakteen und Terrassenfelder im Colca Canyon.

Chivay – das Tor zur Colca Schlucht

In Chivay erhältst du einen ersten Blick auf die künstlich angelegten Terrassenfelder, die sich wie gigantische Treppen an den steilen Hängen der Schlucht empor angeln. Viele der Terrassen stammen noch aus der Zeit vor den Inkas. Die meisten werden immer noch von lokalen Bauern gepflegt, welche unter anderem Kartoffeln, Gerste, Bohnen und Quinoa anbauen.

Der Ort ist nicht wirklich schön, hat aber trotz dem Tourismus seinen authentischen peruanischen Charakter bewahrt. Chivay ist zudem die perfekte Basis für die Erkundung des Canyons. Einige familiäre Unterkünfte und Hotels beherbergen die Reisenden. Mitten drin gibt es einen Hauptplatz, daneben einen lokalen Markt – und das wars auch schon.

Thermalquellen La Calera

Nur wenige Kilometer ausserhalb von Chivay findest du die Aguas Termales La Calera, ein Thermalbad an schöner Lage in der malerischen Berglandschaft. Die Innen- und Aussenpools werden von Bächen aus vulkanischem Gestein gespeist. Das Wasser hat eine Temperatur von rund 38°.

Ziplining über der Schlucht

Gleich hinter dem Thermalbad La Calera kommen Adrenalinjunkies beim Ziplining voll auf ihre Kosten. Es stehen drei Rundkurse zur Verfügung, mit einem breiten Spektrum an Rides. Diese reichen von kurzen und langsamen Seilrutschen, bis hin zu langen und verrückt schnellen Ziplines. Dabei erlebst die fantastische Schluchtenlandschaft nochmals aus einer ganz anderen Perspektive, aus der simulierten Flugbahn eines Kondors.

Wanderungen

Die andine Kleinstadt ist ein guter Ausgangspunkt für kurze, aber auch längere Wanderungen. Auf der Nordseite gelangst du nach rund 7 km nach Coporaque. Wenn du der Route weiter gegen Westen folgst, kommst du runter zum Colca Fluss und zu einer Brücke. Auf der südlichen Seite der Schlucht erreichst du die Ortschaft Yanque. Falls dich deine Wanderlust verlassen hat, kannst du von hier mit einem Bus oder Colectivo (Sammeltaxi) nach Chivay zurückkehren.

Peruanerin mit Lama
Hübsch gerausgeputzt: Peruanerin mit Lama.

Maca und seine Kirche

Die kleinen Dörfer des Colca Tals haben ihren Charme, eines davon ist Maca. Die Ortschaft liegt an den Hängen des Vulkans Sabancaya und wird oft von Erdbeben heimgesucht. Bei unserem Besuch war beispielsweise die Straße entlang der Schlucht in einem schlechten Zustand, beeinträchtigt durch seismische Aktivitäten.

Das Dorfleben dreht sich hauptsächlich um die Kirche Santa Ana und den nebenan liegenden Platz. Wider Erwarten geht es dort heute auf hektisch zu und her. Eine Hilfsorganisation stellt eine Lieferung mit Kleidern für die lokale Bevölkerung zur Verfügung. Entsprechend groß ist die Nachfrage. Eine Mitarbeiterin hält jeweils ein Kleidungsstück hoch und die peruanischen Frauen melden lautstark ihre Ansprüche. Erst als das letzte Geschenk verteilt ist, kehrt Ruhe ein. Die Bewohner trotten an ihre Arbeitsplätze zurück, das sind in Maca insbesondere die Souvenirshops und das Posieren für Fotografien. Hübsch gekleidete Damen und Kinder lassen sich gegen ein Trinkgeld mit Lamas oder einem Adler ablichten.

Kirche von Maca
Eindrückliches Farbenspiel der Kirche von Maca mit dem stahlblauen Himmel.

Im Reich des Kondors

Kondor Steckbrief

Beim Kondor denkt man an einen erhabenen und eleganten Vogel, mit einzigartigen Flugkünsten. Sogar eine deutsche Fluggesellschaft nennt sich Condor. An was denkst du bei einem Geier? Die Adjektive fallen wohl eher abschätzig aus. Nun der Kondor gehört zur Familie der Geier, dies gleich vorweg.

Der Kondor ist von nahem gewiss keine Schönheit. Das Gefieder ist überwiegend glänzend schwarz und verleiht dem Vogel einen düsteren Touch. Die weisse Halskrause trennt den nackten, roten Hals und den Kopf mit einem fleischigen Kamm. Die Männchen haben graue, die Weibchen rote Augen, beide jedoch mit dem räuberischen Blick eines Aasfressers.

In der Luft zeigt sich der Kondor umso feudaler. Mit einer Flügelspannweite von über 3 Meter sind sie meisterhafte Flieger. Sie gleiten mit nur wenigen Flügelschlägen an den steilen Hängen des Canyons entlang, mit einer Geschwindigkeit bis zu 55 Kilometer pro Stunde. Mit Hilfe des Windes lassen sie sich bis zu 7000 m hinauftragen.

Der Anden-Kondor lebt ausschließlich in Südamerika, am liebsten in gebirgigen Gegenden ab Höhen von ca. 3500 m, in Ecuador, Bolivien, Chile, Argentinien und natürlich in Peru. Er gilt als größter Greifvogel der Welt.

Kondor fliegt über Colca Schlucht
Kondor fliegt über der Colca Schlucht.

Tierbeobachtung beim Cruz del Condor

Die Colca Schlucht ist die Heimat des Anden-Kondors, dem unbestrittenen Herrscher der Lüfte. Der Neuweltgeier ist die Hauptattraktion im Canyon. Einer der besten Orte, um die Tiere zu beobachten, ist der Aussichtspunkt Cruz del Condor. Vor uns erheben sich die Berge in himmelhohe Höhen, unter uns eröffnen sich schwindelerregende Tiefen.

Früh aufstehen ist unabdingbar, zwischen 8 und 10 Uhr solltest du dort sein. Die Kondore nutzen die thermischen Auftriebe der Morgenstunden, die aus den schattigen Tiefen des Colca aufsteigen. Eine weitere wichtige Voraussetzung ist außerdem das richtige Wetter, die Kondore lieben trockene, sonnige und warme Bedingungen.

Für uns beginnt die Show tatsächlich ungemein pünktlich. Kurz vor 9 Uhr tauchen die ersten beiden Vögel auf. Zuerst fliegen sie entlang den steilen Wänden der Schlucht, sind nur sporadisch im Blickwinkel. Durch geschicktes Ausnutzen der Thermik gewinnen sie allmählich an Flughöhe. Weitere Tiere gesellen sich dazu. Einfach majestätisch, wie die Kondore über uns gleiten, mal scheinbar in unmittelbarer Nähe, mal hoch oben im stahlblauen Himmel. Während sie durch die Luft kreisen, schnappen wir Zuschauer nach Luft. Die Magie der Tierwelt hat uns in den Bann gezogen.

Panorama beim Cruz del Condor
Panorama beim Cruz del Condor, dem besten Ort um Kondore zu beobachten.

Anden Dorf Cabanaconde

Vom Cruz del Condor sind es 12 km nach Cabanaconde, einer kleineren, bodenständigen Version von Chivay, die nur einen Bruchteil des Touristenverkehrs abbekommt. Cabanaconde liegt am Rand der Schlucht. Über einen steilen Zickzackpfad kannst du rund 1200 Höhenmeter absteigen, zu einer Oase mit Obstbäumen abseits des schmalen Colca Flusses. Die Wanderung ist aufgrund des steilen Geländes und der dünnen Luft anstrengend, aber die landschaftlichen Belohnungen sind es wert.

In Cabanaconde empfehlen wir das Hotel Kuntur Wassi, mit einfachen, aber liebevoll eingerichteten Zimmern, in einem sehr interessanten Steinbau mit einem Aussichtsturm. Im Restaurant verleiht der mutige Koch der peruanischen Fusionsküche seine eigene neuartige Note und bereichert die Alpaka Steaks und Forellen mit schmackhaften süßen und herzhaften Saucen.

Anden-Dorf Cabanaconde
Anden Dorf Cabanaconde tief in der Schlucht.

Mountainbiking im Colca Canyon

Patapampa Pass und Mirador de los Andes

Als passionierte Mountainbiker können wir es natürlich nicht lassen, die Region auch mit dem Bike zu erfahren. Wir starten hoch oben auf dem Patabamba Pass, beim »Mirador lo los Volcanes« auf rund 4900 m, mit einem herrlichen Ausblick über die andine Bergwelt. Kurvenreich rasen wir den Pass runter, erst auf der Hauptstrasse, dann Offroad in ein Seitental. Dabei haben wir die Strecke etwas falsch eingeschätzt, anstrengende Trage- und Schiebepassagen ergänzen den reinen Trail-Spass. Die Landschaft ist jedoch fantastisch und die Singletrails durch die wilde Steppe, nur mit Lamas und Alpacas als Begleiter, bleibt unvergesslich. Entlang einer abschüssigen Schlucht gelangen wir wieder auf die asphaltierte Passstrasse. Hier eröffnet sich das eindrückliche Panorama über den Colca Canyon, mit seinen terrassierten Hängen und den mächtigen Riesen des Anden-Gebirges im Hintergrund. Wir lassen die Räder fast ohne Beanspruchung der Bremsen bis runter nach Chivay rollen.

Patapampa Pass in den peruanischen Anden
»Mirador de los Volcanes« auf dem Patapampa Pass in den peruanischen Anden.

Biketour von Chivay nach Cabanaconde

Die zweite Biketour führt uns von Chivay entlang dem südlichen Schluchtenrand des Colca Canyon bis Cabanaconde. Die Strecke mit ihren 55 km und rund 900 Höhenmeter hat es in sich, ein ständiges Auf und Ab, wobei uns die Höhe von zwischen 3300-3800 m merklich zu schaffen macht, es erschwert das Atmen und die sportliche Leistung wird eingeschränkt. Das gehört einfach dazu bei Outdoor-Aktivitäten wie Mountainbiking oder auch auf einem Trekking in den Anden, das solltest du berücksichtigen bei deiner Planung.

Mountainbike Tour Colca Canyon
Mountainbike Tour im Colca Canyon.

Reiseinfos und Touren

Anreise mit dem Bus

Du Busgesellschaften Andalucia und Reyna fahren von Arquipas Busterminal nach Chivay (3.5 h) oder weiter bis Cabanaconde (5 h).

Touren in den Colca Canyon

Eine gebuchte Tour mit Guide ist ein bequemer Weg den Colca Canyon zu entdecken. Der Ausgangspunkt ist Arequipa. Es gibt viele Reiseveranstalter, die meisten haben ein Büro in der Nähe der Plaza de Armas. Aber auch jedes einzelne Hotel kann eine Reservierung für dich vornehmen oder du buchst online über GetYourGuide*.

Der Tag startet ausnahmslos frühmorgens zwischen 3 und 4 Uhr, nur schon die Anreise dauert ca. 4 Stunden. Aus diesem Grund empfehlen wir keine Tagestouren zu buchen, sondern mindestens eine 2-tägige Tour zu unternehmen. Falls du noch eine Wanderung oder eine Biketour einbauen möchtest, sogar eine 3-tägige Tour. Bei noch mehr Zeitbudget, unternimmst du den Besuch besser auf eigene Faust. Mindestens eine Nacht im Colca Canyon zu verbringen, ist eine wunderbare Möglichkeit, die Region in einem entspannten Tempo zu erleben.

Fluss Rio Colca
Tour in den Colca Canyon und Wanderung runter zum Fluss Rio Colca.

Zweitagestouren mit Übernachtung

In Arequipa werden die Teilnehmer von einem Minibus in der Unterkunft abgeholt. Die Reise zum Colca Canyon beginnt mit einer Fahrt in Richtung Norden, vorbei an den Vulkanen Chachani und Misti. Auf der weitläufigen Pampa, lassen die Guides gerne anhalten, um wilde Vicuñas zu beobachten. Bei der Querung des 4820 m hohen Patapampa Passes begleiten dich weitere majestätische Ausblicke, vor der kurvenreichen Abfahrt hinunter in den Colca Canyon.

Nach dem Mittagessen wird in Chivay oder der näheren Umgebung die Unterkunft bezogen. Der Rest des Tages steht zur freien Verfügung. Mache einen Spaziergang durch den kleinen Ort und seine landschaftlich reizvolle Umgebung oder gönne dir ein Bad in den natürlichen heißen Quellen von La Calera.

Auch am nächsten Morgen geht es wieder früh los, die Tour führt zum Mirador Cruz del Condor, um die Flugkünste der Kondore zu beobachten. Du erkundest anschließend weitere Aussichtspunkte und Highlights der Schluchtenlandschaft, bevor die Reise zurück nach Arequipa geht.

Paul Wild
Paul behauptet von sich immer in die grossen Fussstapfen des Reiseautors Paul Theroux zu treten. Davon ist er noch weit, weit entfernt. Doch das Fernweh ist trotzdem vorhanden und die Lust am Schreiben auch. Die Welt ist sein zu Hause. Mehrere Langzeitreisen stehen in seinem Lebenslauf, auf allen Kontinenten. Von der letzten Weltreise wird Paul immer wieder über das eine oder andere Highlight berichten.